Weltjugendtag 2016 in Polen
Weltjugendtag 2016
Dieses Jahr war wieder mal etwas ganz Besonderes. Nicht nur, dass es ein heiliges Jahr ist und die heiligen Pforten in Rom, und zum ersten Mal auch heilige Pforten in den Bistümern, geöffnet sind, nein, es war auch endlich wieder ein internationaler Weltjugendtag, dieses Jahr in der Stadt des hl. Papstes Johannes Paul II., in Krakau (Polen).
Für alle die sich fragen, was ein "Weltjugendtag" ist, hier eine kurze Erklärung.
Der Weltjugendtag (Abkürzung WJT oder auch WYD für engl. World youth day) ist eine Veranstaltung der römisch-katholischen Kirche. Das Treffen für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 30 Jahren aus aller Welt. Seinen Ursprung haben die Treffen in einer Initiative von Papst Johannes Paul II., der 1984 zum "Internationalen Jubiläum der Jugend" nach Rom einlud. Somit war der diesjährige WJT im Heimatland und der Stadt des Begründers dieser Treffen, etwas Besonderes. Die zunächst als einmaliges Ereignis geplante Veranstaltung entfachte, und entfacht immer noch, so große Begeisterung, dass Papst Johannes Paul II. das "Jahr der Jugend" der Vereinten Nationen 1985 zum Anlass nahm, den Weltjugendtag zur festen Einrichtung zu erklären, was auch von seinen Nachfolgern beibehalten wurde. Seither findet dieser jedes Jahr statt: alle 2 bis 3 Jahre als internationaler Weltjugendtag, in den Jahren dazwischen als regionale Weltjugendtage in den einzelnen Diözesen.
Der Papst veröffentlicht vor jedem Weltjugendtag eine Botschaft an die Jugendlichen, in der er unter anderem das Motto auslegt. Dieses Jahr war das Motto angelehnt an das Jahr der Barmherzigkeit: "Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden (Mt 5,7)".
Jedem internationalen Weltjugendtag gehen Tage der Begegnung voraus. Diese Tage finden im ganzen Austragungsland statt und bieten den anreisenden Jugendlichen Einblick in das Alltagsleben und die Kultur des Gastgeberlandes. Wir (Bettina und ich) waren zusammen mit der Limburger Pilgergruppe (etwa 140 Jugendliche und junge Erwachsene sowie Betreuer) in Polanowice, nahe Breslau untergebracht. Dort haben wir eine Woche bei einer polnischen Gastfamilie gelebt und das Familien- und Gemeindeleben kennengelernt. Aber hierzu später mehr.
Nach den Tagen der Begegnung reisen alle Pilger in die Stadt, in der der eigentliche Weltjugendtag stattfindet, dieses Jahr war dies, wie bereits erwähnt, Krakau. Die einwöchige Veranstaltung beginnt montags mit einem Eröffnungsgottesdienst. An den darauffolgenden Tagen werden an das Motto angelehnte Katechesen, Gottesdienste, Konzerte, Diskussionsrunden, Workshops, Musicals und viele andere religiöse und kulturelle Veranstaltungen angeboten.
Das nächste zentrale Ereignis ist die Begrüßung des Papstes am Donnerstag. Am Freitag folgt ein Kreuzweg unter Leitung des Papstes durch die Stadt. Zum Abendgebet am Samstagabend, genannt Vigil, und zur Abschlussmesse am Sonntag treffen sich die Teilnehmer an einem zentralen Platz, auf dem sie auch übernachten. Zelebriert wird der Abschlussgottesdienst vom Papst, der dabei auch den Ort des nächsten internationalen Weltjugendtages verkündet. Dieser wird 2019 in PANAMA!!! sein.
Jetzt zu dem, was wir in Polen alles erleben und erfahren durften.
Die Tage der Begegnung: Wie bereits erwähnt waren wir zu den Tagen der Begegnung in Polanowice, nahe Breslau, zusammen mit den anderen Limburger Pilgern untergebracht. Da unsere Pfarrei leider keine Zeit gefunden hatte, eine eigene Pilgergruppe zu mobilisieren, sind Bettina und ich kurzerhand zu den Oberurselern gestoßen, die auch nur eine kleine Gruppe waren. Dies war besonders für mich sehr praktisch, da ich, wie bereits zur Ministrantenwallfahrt 2015, einen jungen Mann aus Oberursel mit körperlich-, geistiger Behinderung begleitet habe. Nach einer guten Stunde Verspätung (was bei Bus 1 wie sich im Laufe der Fahrt herausstellte normal war) ging es endlich los nach Polen. Die Fahrt nach Breslau dauerte etwa 11 Stunden und wir waren alle recht fertig, als wir unsere Gasteltern für diese Woche zum ersten Mal kennenlernten.
Eines vorweg, die polnische Gastfreundschaft war überragend. Das Erste was man lernte war höflich darauf hinzuweisen, dass man tatsächlich satt sei und ganz sicher nicht noch mehr essen könne. Egal wann man abends zurück kam, immer gab es eine warme Mahlzeit mit mehreren Gängen und natürlich Nachtisch. Nicht zu vergessen, dass es unterwegs bei den Gemeinden, die wir besuchten, auch immer schon riesige Büffets gab. Mein Ziel, das ein oder andere Kilo loszuwerden auf dem Pilgerweg, habe ich nach 2 Tagen aufgegeben. Bei den Gemeinden wurde Gesungen, getanzt, das WM Vorrundenspiel Deutschland gegen Polen wiederholt und vieles mehr. Morgens ging es mit einer Katechese los, anschließend ging es entweder nach Breslau oder in die Gemeinde um verschiedene Kulturprogramme zu erleben. In und um Breslau waren etwa 7000 Pilger aus allen Nationen untergebracht, sodass man schon einen guten Vorgeschmack auf den eigentlichen Jugendtag in Krakau bekam.
Die Verständigung mit den Gasteltern war sehr unterschiedlich. Ich hatte das Glück, dass die Tochter meiner Gasteltern fließend englisch konnte, sodass wir uns auf Englisch unterhielten und sie anschließend für ihre Eltern ins Polnische bzw. für mich ins Englische übersetzte. Bei anderen Gastfamilien konnte ein Familienmitglied sogar deutsch bzw. der Pilger polnisch. Ging das nicht, wurden Zettel und Stift, Google translater sowie Hände und Füße zur Verständigung genutzt. Der Pfarrer unsrer Gastpfarrei konnte Deutsch, sodass das Organisatorische kein Problem war. Es war interessant zu sehen und zu erfahren, welchen Stellenwert die Kirche im Leben unserer Gastfamilien noch hat. Sonntags gibt es (weil Sommerferien sind) nur vier Messen, außerdem an jedem Werktag mindestens eine und die sind immer voll. Auch die Beichte gehört fest zum Glauben dazu. Wer getauft und gefirmt ist geht auch in die Kirche, "Karteikartenchristen" wie bei uns mittlerweile leider üblich gibt es dort kaum. Ich hatte lange Gespräche mit meinen Gasteltern über die Kirche in Deutschland und Polen. Beeindruckend fand ich, dass man zur Kommunion und Firmung einen mehrjährigen Vorbereitungskurs belegen muss, der auch eine Art Abschlussprüfung enthält. Dies hat auch zur Folge, dass die Menschen sehr genau und umfassend über den Glauben und die Formen der Liturgie Bescheid wissen, etwas das man sich bei alljährlichen Oster und Weihnachtsumfragen im Radio und Fernsehen oft wünscht. Ich hatte den Eindruck, dass Glaube und Religion bewusster wahrgenommen und gefeiert werden als bei uns, wo man ja "halt rein geboren" wird und von der Kirche eigentlich nichts verlangt wird. In Polen entscheidet man sich, auch wegen der intensiven Vorbereitungskurse, bewusst für den Glauben an Gott und die Kirche. Es ist Teil der Identität der Menschen und wird auch mit dem nötigen Selbstbewusstsein anderen gegenüber vertreten, ohne dabei intolerant anderen gegenüber zu sein. Am Montag Morgen ging es dann (leider schon) nach Krakau.
Krakau: Hier erfolgte die erste Ernüchterung. Wir waren nicht in Krakau, sondern in Myslowice, etwa 70 km von Krakau entfernt in einer Schule, untergebracht. Somit mussten wir jeden Tag, wenn wir nach Krakau wollten 2 Stunden mit dem Zug hin und abends wieder 2 Stunden mit dem Zug zurück fahren. Dies hatte zur Folge, dass wir von den 3 Katechesen nur eine besuchen konnten, da es sich sonst nicht gelohnt hätte, nach Krakau zu fahren. Leider mussten wir zudem noch feststellen, dass es keine Sonderzüge nach und von Krakau aus gab und die fahrenden Züge auch nicht unbedingt pünktlich waren. Zudem waren die Züge alle maßlos überfüllt und es war nicht immer leicht, mit zwei Rollstuhlfahrern in unserer Gruppe noch einen Platz im Zug zu bekommen. Alles in allem also eine Organisation wie wir sie schon aus Madrid und Bettina auch aus Rio bekannt war und die auch irgendwie zum Charme eines WJT dazu gehört.
In Krakau begann dann am Dienstag das normale WJT Programm. Zunächst wurde der WJT am Dienstag auf den Blonga Wiesen eröffnet, wobei etwa eine Millionen Menschen anwesend waren, nicht mal die Hälfte von dem was noch kommen sollte. Das Wetter war in Krakau, anders als in Breslau, leider unbeständig und es regnete mehr als einmal was zur Folge hatte, dass die Wiese leicht sumpfig wurde. Besonders schade war das am Mittwoch, als der Papst in Krakau willkommen geheißen wurde mit einer Messe und er nur 2 Meter entfernt an uns vorbei fuhr. Die Regenmäntel und Schirme sorgten nicht unbedingt für bessere Sicht. Besonders gut fand ich die Predigten des Papstes, welche sehr genau auf die jungen Menschen eingingen. Um allen Pilgern gerecht zu werden, wurden Radiosender eingerichtet, die Simultanübersetzungen in 12 verschiedenen Sprachen lieferten. Die Messen wurden alle auf Latein gehalten, sodass alle mit beten und die Messe verfolgen konnten (für die Ungeübten gab es extra eine sehr hilfreiche Latein-Deutsch-Polnisch Eucharistieübersetzung im Pilgerheft).
Am Donnerstag fand, oder besser sollte der Kreuzweg für die deutschen Pilger stattfinden. Leider feierten die Italiener so ausgelassen (sie waren vor den Deutschen dran), dass der zeitliche Rahmen dermaßen gesprengt wurde, dass man den Kreuzweg kurzfristig absagte. Für uns war dies weniger dramatisch, da uns das eigentlich eh zu spät war (man bedenke die anschließenden 2 Stunden Rückfahrt) und wir uns, soweit es möglich war, die Stadt ansahen. Hierbei trafen wir auch überraschend Julia aus Hattenheim, die mit einer Gruppe aus dem Bistum Münster über ihre Uni am WJT teilnahm.
Am Freitag blieben wir direkt in Myslowice und ruhten, um gewappnet zu sein für das anstrengende Wochenende auf dem Feld mit der Papstmesse. Somit hatten wir vormittags Zeit für die Katechese und die Messe, während wir mittags aufgrund von Regen im Quartier entspannten. Abends ging es dann in den Park, wo auf einer großen Videowand der Kreuzweg aus Krakau mit dem Papst übertragen wurde. Anschließend aßen wir dort noch unser Pilgertagesmenü zu Abend und gingen zurück zur Unterkunft, packen für den großen Tag. Samstags morgens ging es schon früh mit einem Sonderzug los nach Krakau. Von dort sollte ein 12 km langer Pilgermarsch (mit einem Teil des Gepäcks) erfolgen zu dem Platz an dem am Sonntag dann die Papstmesse stattfinden sollte. Voll motiviert und ausgeruht machten wir uns also auf den Weg. In Krakau wurden wir dann zum Glück eingesammelt und in einem Sonderbus (die zwei Rollstühle in der Gruppe hatten doch etwas Gutes) mit Polizeieskorte zum Rollstuhlpilgerweg gefahren. Dieser war wie sich herausstellte zum Glück nur einen knappen Kilometer lang und gut befestigt. Somit mussten wir, im Gegensatz zu den anderen Limburgern, nicht so weit laufen. Auf dem Feld angekommen richteten wir unser Lager für den kommende Nacht und Tag her und erkämpften (ja der Ausdruck beschreibt die Situation an der Essensausgabe leider am treffendsten) uns unser Abendessen und Frühstück. Anschließend erfolgte eine sehr schöne Vigil Feier mit dem Papst. Es sah schon gewaltig aus, wie etwa 2,5 Millionen Menschen auf einem Feld stehen, Kerzen in der Hand halten und gemeinsam beteten. Anschließend wurde unter freiem Himmel geschlafen. Zum Glück war dies die einzige Nacht in Krakau, in der es nicht regnete. Und da sage noch mal jemand es gäbe keine Zufälle.
Sonntags hieß es dann zeitig aufstehen zum Morgengebet und fertig machen für die Papstmesse. Dazu zählte auch Sachen packen und Platz schaffen für die Pilger, die nur zur Messe kamen. Das Wetter hielt auch und so verbrannte sich der ein oder andere während der Messe die Schultern. Nach der Messe hieß es, im Strom von 2,5 Millionen Menschen das Feld zu räumen und zu den Bussen zu gelangen. Leider gab es hierbei keine Sonderbusse für Rollifahrer, sodass unsere Gruppe über 9 km mit Gepäck und Rollstühlen wandern musste, nur um festzustellen, dass die öffentlichen Verkehrsmittel, die wir nehmen wollten, nicht fuhren. Zu allem Überfluss wurden wir kurz vor Ende noch von einem heftigen Regenschutt überrascht, der uns alle bis auf die Knochen durchnässte. Es folgte Plan B. Wir sammelten uns an einer Zentralen Stelle und warteten bis die Sicherheitsmaßnahmen aufgelöst wurden (was etwa gegen 18 Uhr war), sodass uns unsere Reisebusse einsammeln konnten. Leider war der Tag damit noch nicht zu ende. Nach über 2 Stunden Busfahrt kamen wir endlich in unserem Quartier an, nur um uns in Rekordzeit umzuziehen, die Busse zu beladen und nach Görlitz zu fahren. Um 1 Uhr nachts machten wir eine kurze Pause, um noch etwas zu Abend zu essen um dann um 4 Uhr morgens endlich in Görlitz anzukommen und in die Betten zu fallen.
Der Montag war dann, wie man sich sicher denken kann, dem Ausschlafen und Entspannen gewidmet. Wir gingen Eis essen, Görlitz besichtigen und schlossen den Tag mit einer Messe und anschließendem gemeinsamen Abendessen in einer Brauerei. Ein alles in allem guter Tag, um sich von den vergangenen Strapazen zu erholen. Dienstags ging es dann zurück nach Deutschland.
Auch wenn der WJT, wie immer sehr anstrengend war, so waren die Erfahrungen sowie die Eindrücke einmalig. Hat man hier oft das Gefühl, alleine in der Messe zu sitzen, wurde man dort von millionen junger Menschen getragen, die alle zusammen friedlich ohne Streit oder Gewalt ihren Glauben feierten. Es waren junge Menschen aus der ganzen Welt da, aus jedem Kontinent aus Syrien, Korea, USA, Argentinien, Nigeria, ... Es wurde zusammen gebetet, gesungen, getanzt, gelacht und natürlich jede Menge Fotos gemacht. Die Tage der Begegnung in einer Gastfamilie, die meiner Meinung nach die beste überhaupt war (aber das sagen wir alle von unseren Gastfamilien). Ins Gespräch zu kommen und mehr über das Gastland zu erfahren. Die Gastfreundschaft kennenzulernen (und die Unmengen an gutem polnischem Essen). All das sind Beispiele und Gründe, die mich gestärkt und mit neuer Kraft für die Arbeit hier in der Gemeinde zurück kehren lassen, auch wenn es augenscheinlich eher ein sehr anstrengender und wenig erholsamer "Urlaub" war. Für mich steht fest, sollte es die Zeit (und der Geldbeutel) zulassen bin ich mit Benedikt 2019 auf jeden Fall wieder dabei wenn es heißt: "Oh wie schön ist Panama WJT 2019".
Simon Peter